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SUPPORT - Betroffene unterstützen bei sexualisierter Gewalt

Kampagne „SUPPORT“

In der Kampagne „SUPPORT“ geht es darum, Betroffene von sexualisierter Gewalt durch solidarisches Handeln zu unterstützen.

Die Kampagne gibt dazu Hinweise und Hintergrundinformationen. Es kann eine wichtige Erfahrung und große Erleichterung fürBetroffene sein, wenn andere Menschen sich für sie einsetzen und klar Stellung beziehen.

Institutionen und Einzelpersonen sollten sich positionieren, einschreiten und deutlich machen, dass sexuelle Übergriffe und sexistische Äußerungen nicht geduldet werden.

 

Hintergrund und Ziel der Kampagne

Laut Dunkelfeldstudien ist jede 4. Frau in ihrem Leben von körperlicher oder sexualisierter Gewalt betroffen, jede 7. Frau hat schwere sexualisierte Übergriffe erlebt, rund 60% wurden sexuell belästigt. Jeden Tag gibt es neue Nachrichten über sexualisierte Gewalt im sozialen Umfeld oder jahrzehntelangen Missbrauch in Institutionen.

Viele Menschen sind erschüttert über das Ausmaß sexualisierter Gewalt und fragen oftmals danach, warum Betroffene nichts gesagt haben oder erst sehr später über ihre Erfahrungen reden.

Betroffene zeigen häufig nicht an oder reden nicht öffentlich, weil sie traumatisiert sind, Zeit für die psychische Verarbeitung brauchen und Angst vor negativen Reaktionen haben, insbesondere davor, dass man ihnen nicht glaubt. Sie brauchen ein verständnisvolles und solidarisches Umfeld und eine klare Haltung von Institutionen, um über sexualisierte Gewalt reden zu können.

Wenn Betroffene, den Mut haben, über die erfahrende Gewalt zu sprechen, werden sie nicht selten mit Reaktionen konfrontiert, wie: „Warum hast Du so lange nichts gesagt? Warum zeigst Du nicht an?“ „Warum hast Du Dich nicht gewehrt?“ Durch solche Fragen wird den Betroffenen eine Mitverantwortung für die Taten zugewiesen und sie müssen sich für ihr Verhalten rechtfertigen.

Es sollte daher andere Fragen gestellt werden:

Im Kontakt mit Betroffenen kann es wichtig sein, zu fragen: „Wie kann ich unterstützen?“ „Was brauchst Du gerade?“ Im Hinblick auf gesellschaftliche und politische Veränderungen wäre zu fragen: „Warum wird sexualisierte Gewalt so selten erkannt? Warum wird eher weggeschaut oder geschwiegen? Warum bekommen Betroffene so selten Unterstützung?“

Und letztlich muss sich jede*r selbst fragen: „Was kann ich selbst tun, um dies zu ändern?“

In der Kampagne SUPPORT geht es darum, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen. Die Verantwortung, sexualisierte Gewalt öffentlich zu machen, darf nicht bei den Betroffenen liegen, sondern die Gesellschaft, Institutionen und Einzelpersonen müssen die Verantwortung übernehmen und durch unterschiedliche Maßnahmen und Statements deutlich machen:

Wir sind auf der Seite der Betroffenen, wir dulden keine sexuellen Übergriffe, wir schreiten ein, wir beziehen Stellung, wir achten aufeinander, wir sind empathisch und unterstützend. 

 

 

 

Aktionsplakat zur Kampagne

Hinweise und Anregungen zu den Inhalten der Kampagne

Der Titel der Kampagne SUPPORT setzt sich aus sieben Leitgedanken zusammen, die beispielhaft Wege aufgreifen, Betroffene zu unterstützen. Sie zeigen einfache und doch wirksame Handlungsoptionen auf, die Einzelpersonen oder Institutionen im Alltag umsetzen können:

  • S olidarisch sein
  • U nterstützung anbieten
  • P osition beziehen
  • P artei ergreifen
  • O ffen zuhören
  • R espektvoll handeln
  • T aten verurteilen

Solidarisch sein

Solidarisch sein kann z.B. bedeuten:

  • Empathie und Verständnis für Betroffene zu zeigen.
  • Fragen zu stellen, wie: „Was brauchst Du/brauchen Sie im Moment?“ „Kann ich irgendetwas tun?“
  • zu signalisieren, dass man auf der Seite der Betroffenen steht, ihnen glaubt und dass sie nicht alleine sind.

Denn Betroffene sexualisierter Gewalt stoßen häufig auf Zweifel, Misstrauen oder Schuldzuweisungen, wenn sie darüber reden, was ihnen passiert ist.

Fragen wie: „Warum bist du denn dahin gegangen?“ „Was hattest Du an?“ „Hattest Du etwas getrunken?“ „Hast du irgendwie provoziert?“ sind häufige Reaktionen, die Betroffene erleben. Oftmals steht dann ihr eigenes Verhalten im Mittelpunkt und nicht die Gewalt, die sie erfahren mussten. So wird den Betroffenen die Verantwortung und Schuld für die Tat zugeschoben. Die Verantwortung für sexualisierte Übergriffe liegt jedoch ganz allein bei denjenigen, die die Taten verüben.

Um über sexualisierte Gewalt reden zu können und sich Hilfe zu holen, brauchen Betroffene die Solidarität anderer Menschen.

Unterstützung anbieten

Unterstützung anzubieten kann heißen:

  • die Betroffenen danach zu fragen: „Soll ich jemanden anrufen?“ „Wie kann ich dir/Ihnen helfen?“
  • auf Beratungsstellen oder andere Einrichtungen hinzuweisen.
  • sich selbst an Beratungsstellen zu wenden und in Gesprächen nach Möglichkeiten zu suchen, eine bestimmte Person in ihrer jeweiligen Lage zu unterstützen.
  • einzuschreiten, wenn jemand körperlich oder verbal belästigt wird.
  • Betroffene zu informieren, wenn Fotos, Videos oder Beleidigungen über sie im Netz verbreitet werden und Hilfe anbieten, sich dagegen zu wehren.

Dies ist wichtig, da Betroffene sexualisierter Gewalt oftmals nicht wissen, an wen sie sich wenden können. Sie schämen sich, möchten ihre Umgebung nicht überfordern, sind sich nicht sicher, ob ihnen geglaubt wird, möchten niemanden belasten oder glauben, dass sie keinen Anspruch auf Hilfe haben.

Unterstützung anzubieten, kann Betroffene daher sehr entlasten und ein erster Schritt sein, sich Hilfe zu holen.

Position beziehen

Position beziehen kann man auf unterschiedliche Art:

  • bei einem sexistischen Witz darauf hinweisen, wie unangemessen dies ist, statt mitzulachen oder zu schweigen.
  • einschreiten, wenn sich jemand übergriffig verhält und dazu auffordern, dieses Verhalten einzustellen.
  • Vorurteile hinterfragen und in Diskussionen klar stellen, dass es keine Rechtfertigung für sexualisierte Übergriffe gibt.

Wenn über sexualisierte Gewalt berichtet wird oder Fälle in der Öffentlichkeit bekannt werden, richten sich oftmals die Appelle an Betroffene, das Schweigen zu brechen. Betroffene haben aber oft gute Gründe, nicht zu reden oder sie können es einfach nicht.

Es kann eine wichtige Erfahrung und große Erleichterung für Betroffene sein, wenn andere Menschen sich für sie einsetzen und klar Stellung beziehen.

Partei ergreifen

Partei ergreifen heißt z.B.:

  • eine Haltung einzunehmen, die Rechte und die Integrität von Betroffenen zu schützen und sich auf ihre Seite zu stellen.
  • sich den Zweifeln und dem Misstrauen entgegenzustellen und sich gegen victim blaming auszusprechen.
  • sich in Debatten und öffentlich auf die Seite der Betroffenen zu stellen, ihre Rechte einzufordern und ihre Belange über andere Interessen zu stellen.
  • dafür zu sensibilisieren, dass es nicht in Ordnung ist, Fotos, Videos oder Texte ohne Einverständnis und Kenntnis von anderen Personen weiterzuleiten oder öffentlich zu posten.
  • bei Hasskommentaren und victim blaiming in digitalen Medien eine klare Haltung zu zeigen und Betroffene zu unterstützen.

Ob im privaten oder öffentlichen Kontext, Betroffene brauchen Menschen, die für sie Partei ergreifen.

Offen zuhören

Offen zuhören kann heißen:

  • für jemanden da zu sein und die Zeit und die Bereitschaft zu haben, zuzuhören.
  • den Betroffenen zu signalisieren, dass man ihnen glaubt und ihre Aussagen nicht bewertet.
  • sich mit eigenen Vorstellungen und Mutmaßungen zurückzuhalten und keine Fragen zu stellen, die Vorwürfe und Misstrauen beinhalten.

Über sexualisierte Gewalt reden zu können, setzt voraus, dass ein gesellschaftliches Umfeld vorhanden ist, das eine echte Bereitschaft hat zuzuhören und damit die Sicherheit vermittelt, ernst genommen zu werden und Unterstützung zu bekommen.

Respektvoll handeln

Respektvoll handeln kann heißen:

  • Hilfe anzubieten, ohne sie aufzudrängen.
  • die Wünsche und Grenzen der Betroffenen zu beachten und nicht über ihren Kopf hinweg zu handeln.
  • da zu sein, sich respektvoll zu verhalten und auch ehrlich eigene Grenzen zu kommunizieren.
  • Bagatellisierungen und Schuldzuweisungen zu unterlassen und keinen Druck auszuüben, bestimmte Handlungsschritte zu unternehmen

Auch Menschen, die auf der Seite von Betroffenen sind und sexualisierte Gewalt ernst nehmen, fühlen sich manchmal überfordert, wissen nicht, wie sie helfen sollen oder sie geraten unter Druck, sehr schnell handeln zu müssen. Manchmal führt dies dazu, dass sie die Betroffenen zu Handlungen drängen, für die diese noch gar nicht bereit sind.

Respektvoll zu handeln, bedeutet daher Grenzen zu achten und die Bedürfnisse der Betroffenen in den Mittelpunkt zu stellen. 

Taten verurteilen

Taten verurteilen kann bedeuten:

  • sexualisierte Gewalt als schwere Menschenrechtsverletzung wahrzunehmen und sich klar und eindeutig gegen jegliche sexualisierte Übergriffe zu positionieren.
  • Bagatellisierungen oder Rechtfertigungen für Gewalthandlungen entschieden zurückzuweisen.
  • zu verdeutlichen, dass Täter*innen die Verantwortung für sexualisierte Gewalt tragen und das Verhalten oder Aussehen der Betroffenen völlig unerheblich für die Bewertung der Gewalt ist.

Betroffene sexualisierter Gewalt erleben häufig, dass ihnen eine Mitverantwortung an der Tat zugeschrieben wird. Häufig wird in Gesprächen oder Debatten gefragt, ob Betroffene durch ihr Aussehen, ihre Kleidung oder Verhalten den Übergriff provoziert hätten.

Taten verurteilen bedeutet daher, sexualisierte Gewalt zu ächten und victim blaiming abzulehnen.