Landes- und bundesweiten Entwicklungen:
Seit 2001/2002 gibt es in NRW Modelle einer anzeigenunabhängigen, anonymen und vertraulichen Befunddokumentation und Spurensicherung nach sexualisierter Gewalt. Sie entstanden meist auf Initiative von Frauen-Notrufen oder Frauenberatungsstellen in Kooperation mit Rechtsmedizinischen Instituten. Das Modell ASS Bonn/Rhein-Sieg ist eines der ältesten Modelle. Auch in anderen Bundesländern gibt es ähnliche Ansätze, z.T. mit anderer Namensgebung und Schwerpunktsetzung. Allen gemeinsam ist das Ziel, eine anzeigenunabhängige, betroffenengerechte medizinische und psychosoziale Akutversorgung einschließlich der gerichtsverwertbaren Befunddokumentation und Spurensicherung zu etablieren. Es sollen einheitliche Bedingungen für Betroffene sexualisierter Gewalt geschaffen werden, unabhängig davon, ob und wann sie Anzeige erstatten.
Der Arbeitskreis Opferschutz setzt sich mit vielen anderen Organisationen auf Länder- und Bundesebene seit vielen Jahren dafür ein, dass die Maßnahmen im Rahmen der vertraulichen und anonymen Spurensicherung, aber vor allem auch alle notwendigen Untersuchungen für die medizinische und psychosoziale Versorgung von Gewaltopfern finanziert werden und eine ganzheitliche Versorgungsstruktur nach sexualisierter und häuslicher Gewalt umgesetzt wird.
Seit dem 1. März 2020 ist auf Bundesebene ein Gesetz in Kraft, dass die Finanzierung der vertraulichen Spurensicherung als Leistung der gesetzlichen Krankenkasse ermöglichen soll. Das Gesetz wird auf Länderebene umgesetzt, die Verhandlungen dazu laufen derzeit noch in NRW und anderen Bundesländern. Das Bundesgesetz vernachlässigt jedoch wichtige Aspekte der medizinischen Versorgung und traumasensiblen Behandlung von Gewaltbetroffenen. Dazu werden dringend neue Regelungen benötigt.
Der Bundesverband Frauen gegen Gewalt e.V. (bff) hat dazu in den Jahren 2021 und 2022 grundlegende Papiere veröffentlicht, die auf notwendige Veränderungen hinweisen.
Im Juni 2023 wurde eine social-media Kampagne zur medizinischen Akutversorgung mit dem Titel #HilfenachVergewaltigung durchgeführt und ein Appell an den Bundesgesundheitsminister zur notwendigen Veränderung der Versorgungslage gerichtet. Im September 2023 wurde dies mit einem erneuten Schreiben noch einmal bekräftigt.